Naturschutz Schweiz
Mit viel Handarbeit, aber auch bereits mit dampfbetriebenen Lokomotiven, Baggern und Kränen konnte der Bau der Kanäle für die 1. Juragewässerkorrektion realisiert werden.

KORREKTION – DIE ZÄHMUNG DER GEWÄSSER

Die landschaftliche Entwicklung des Seelandes lässt sich mit folgenden Worten umschreiben: vom Sumpfland zum Gemüsegarten. Erst mit der 1. Juragewässerkorrektion (1868 – 1891) wurde durch die Umleitung der Aare, ein komplexes Kanalsystem und die Absenkung der Seespiegel die regelmässige Überschwemmung des Seelandes verhindert. Durch weitere Trockenlegung, Bearbeitung und Verbesserung des Bodens konnte neues Landwirtschaftsland gewonnen werden. Es folgte 1962 – 1973 eine 2. Juragewässerkorrektion, bei der aus Bieler-, Neuenburger- und Murtensee eine regulierbare Einheit geschaffen wurde.

WASSERNOT IM SEELAND

Nach dem Mittelalter wurden die Überschwemmungen der Aare zwischen Aarberg und Büren immer häufiger, da Geschiebe-Ablagerungen zunehmend den Abfluss behinderten. Die «Wassernot» wurde so dramatisch, dass viele Menschen nur noch ein karges Auskommen hatten, an Krankheiten litten und Bauernfamilien ihre Existenz verloren. Manche Gemeinden drängten arme Einzelpersonen und Familien zur Auswanderung und übernahmen einen Teil der Reisekosten. Flurnamen wie «Amerika» oder «Kaliforni» in diesen Gemeinden zeugen von den dafür nötigen «Rückstellungen» in Form von Land.

Inserate für Auswanderer mit Hinweis des Auswanderungs-Kommissariats (um 1890)

1. JURAGEWÄSSERKORREKTION

Mit der 1. Juragewässerkorrektion wurde eine technische Lösung realisiert, um die regelmässigen Überschwemmungen zukünftig zu verhindern. Von Aarberg wurde die Aare über acht Kilometer durch den Hagneckkanal in den Bielersee umgeleitet. Für den Bau des Nidau-Büren-Kanals, des Ausflusses aus dem See, wurden vier Dampfbagger, zwei Dampfkräne, zwei kleine Dampflokomotiven und 60 Rollwagen eingesetzt. Über die Kanäle mussten zahlreiche Brücken neu erbaut werden. Insgesamt wurden etwa 400 Quadratkilometer Moorlandschaft trockengelegt. Es verschwanden viele Auen- und Sumpfgebiete und mit ihnen zahlreiche Tier- und Pflanzenarten.

Übersichtsplan der geplanten Korrektionen 1850 – «Lith. v. F. Schultheiss in Zürich»

MALARIAMÜCKE

Die noch bis Ende des 19. Jahrhunderts ausgedehnten Sumpfgebiete der Schweiz begünstigten auch zahlreiche Seuchen wie die Malaria (von italienisch mal’aria = schlechte Luft). Überträger der auch «Sumpffieber» genannten Infektionskrankheit ist die wärmeliebende Anopheles-Mücke. Mit der Trockenlegung wurde die Stechmücke zurückgedrängt. Doch dies war nicht der einzige Grund für den Rückgang der Malaria. Da die Rinderbestände grösser wurden, löste das Vieh den Menschen als Zwischenwirt für den Malariaerreger ab, und vor allem zeigten chemische Bekämpfungsmethoden Wirkung.

Malariamücke (Anopheles) – aus «Meyers Konversations-Lexikon» (1908)

ROHRKOLBEN

Eine typische Pflanze von Sümpfen, Gräben und Tümpeln ist der Rohrkolben. Er wird über zwei Meter hoch und kann in dichten Beständen vorkommen. Die auch «Kanonenputzer» genannte, mit den Gräsern verwandte Pflanze hat einen auffallend kolbenförmigen Blütenstand mit einem Teil aus ausschliesslich weiblichen und darüber einem Teil mit rein männlichen Blüten. Der Rohrkolben ist eine seit Urzeiten genutzte Nahrungspflanze. Die Wurzel kann als Gemüse gekocht und gegessen werden. Lange bevor die Menschen die ersten Getreide anbauten, verarbeiteten sie seine stärkehaltigen Wurzelstöcke zu einem Mehl.

Rohrkolben (Typha) – aus Thomé, O. W. «Flora von Deutschland» (1885)

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