Auenwälder sind eine natürlich entstehende Pflanzengemeinschaft entlang von Fliessgewässern, aber auch an Seen wie hier. Sie sind stark vom nahen Grundwasser geprägt und brauchen regelmässige Überschwemmungen. Vielfältige Kleinlebensräume, von offenem Wasser, über Sumpf bis zu kaum überfluteten Teilen, machen Auengebiete zu sehr artenreichen Habitaten. Natürliche Auenlandschaften sind auch für den Hochwasserschutz von grosser Bedeutung, deshalb sind Schutz und Renaturierung dieses Lebensraumes besonders wichtig.
In Wassernähe wächst die sogenannte Weichholzaue mit verschiedenen Weidensträuchern und dem Faulbaum. Die daran anschliessende Hartholzaue weist grössere Bäume wie Erlen, Eschen und Pappeln sowie grosse Weiden auf, es können aber auch Arten der trockenen Wälder wie Eichen vorkommen. Typisch für den Unterwuchs sind Schilf und das schilfähnliche Rohrglanzgras. Auffallend sind die Bestände der dunkelgrünen, teilweise über einen Meter langen, rohrartigen Sprosse des Winter-Schachtelhalms.
Auenwald – Aquarell von Jean-Claude Gerber (um 2000)
Bereits zur Klosterzeit wurde die Ufererosion als Problem erkannt und in der Folge punktuelle Befestigungsmassnahmen ergriffen. Das Grossprojekt einer 2,5 km langen Ufermauer um die ganze Insel begann 1770. Die Kalksteinblöcke wurden mit einem 18 m langen Schiff von La Neuveville hergebracht. Für den Bau stellte die Regierung 20 Strafgefangene zur Verfügung. Solche Zwangsarbeiter wurden «Schellenwerker» genannt, da sie zur Erkennbarkeit einen Halsring mit einer Schelle tragen mussten. Die in fünfjähriger Bauzeit erstellte Ufermauer gilt als Berns grösstes Tiefbau-Ingenieurwerk dieser Zeit.
Strafgefangene um 1770 – Zeichnung von Abraham S. Fischer (Burgerbibliothek Bern GR.B.297)
Auf Insel und Heidenweg ist jegliche Bautätigkeit verboten, einige sind trotzdem am Bauen: die Biber. Das grösste Nagetier Europas war Anfang des 19. Jahrhunderts in der Schweiz vollständig ausgerottet. Nach ersten Wiederansiedlungsmassnahmen dauerte es 50 Jahre, bis sich die Nager um die Jahrtausendwende wieder richtig ausbreiten konnten. Die schweizweit heute etwas über 4900 Biber wie auch ihre Bauten sind durch das Jagdgesetz des Bundes streng geschützt. Die Biber gestalten die Natur nach ihren Bedürfnissen und schaffen dadurch Lebensraum für viele weitere Arten.
Europäischer Biber (Castor fiber) – von Ludwig Binder aus «Tierkunde» (1960)
Legenden erzählen von einer einstigen Landverbindung von der nördlichsten Ecke der Insel nach Ligerz, die ebenfalls als Heidenweg bezeichnet wurde. Die Stelle an der wir uns befinden, wurde als Anfang des «Ligerzer Heidenweges» betrachtet und war der Lieblingsort von Thomas Pitt (1775 – 1804), 2. Baron Camelford, einem britischen Seeoffizier aus reicher Ministerfamilie. Er verbrachte drei Jahre in einer Privatschule in Neuenburg und besuchte oft die Insel. Der berühmte Besucher wünschte auf dem «Ligerzer Heidenweg» beerdigt zu werden. Sein früher Tod nach einem Duell liess diesen Wunsch unerfüllt.
Thomas Pitt im Streit mit einem Marineoffizier – Karikatur von James Gillray (1796)
Pirol
Ufermauer