Naturschutz Schweiz
Inselbesuchende in der Belle Époque (um 1870-1900) beim Pavillon.

DER TOURISMUS AUF DER ST. PETERSINSEL

Die St. Petersinsel wurde bereits im 18. Jahrhundert von ersten Vergnügungsreisenden aufgesucht. Sie folgten der damaligen Stimmung des Schwärmens für die Schönheit der Natur. Der achteckige Barockpavillon hier wurde 1728 als «Tanzhaus» erbaut. In der Belle Époque machten Eisenbahn und regelmässig verkehrende Dampfschiffe die Anreise auf die St. Petersinsel leichter planbar und bequemer. Damen mit Hut in langen Röcken und Herren in eleganter Kleidung wählten den Pavillon als Rastplatz und liessen sich von der schönen Landschaft und der Aussicht betören.

GEFÜHLSSTÜRME

Im Zeitalter der Aufklärung priesen Werke wie das Gedicht «Die Alpen» (1729) des Berner Universalgelehrten Albrecht von Haller oder Schriften des Philosophen Jean-Jacques Rousseau das einfache Leben und die Natur. Die Lesenden verspürten die Sehnsucht, die idealisierten Orte und die überwältigenden Landschaften aufzusuchen. Dieser Tourismus konnte Gefühlsstürme wie bei der deutschen Dichterin Friederike Brun 1799 auf der St. Petersinsel auslösen: «Ich erstieg mit klopfendem Herzen die Höhe der Insel, und irrte auf engen bewachsenen Pfaden im schönen Eichenhain umher. Wie rührte mich Alles!»

Die Apfelernte (auf der St. Petersinsel) – Radierung von Franz Niklaus König (1817)

EICHENWALD UND HIRSCHKÄFER

Der Inselhügel ist von einem wärmeliebenden, teilweise speziell für den Tourismus gepflegten Eichenwald bedeckt, in dem zahlreiche Tierarten leben. Der Hirschkäfer als typischer Bewohner dieses Waldes ernährt sich vom Saft der Eichen. Das Weibchen legt die Eier an abgestorbene Eichenstrünke. Die Larven ernähren sich vom morschen Holz und verbleiben fünf bis sieben Jahre am selben Standort, bis sie nach der Verpuppung als ausgewachsene Käfer schlüpfen. Der Hirschkäfer ist stark gefährdet. Er ist auf alte Eichen und das Liegenlassen von viel Totholz angewiesen, Verhältnisse, die er hier findet.

Hirschkäfer (Lucanus cervus) – von Jürgen Ritter aus «Tierkunde» (1960)

HEXENPLATZ

Auf dem bewaldeten Inselplateau gibt es eine Stelle mit wenig Unterwuchs, die «Hexenplatz» genannt wird. Der Legende nach hat der Teufel zusammen mit den Hexen hier seine Feste abgehalten, aber auch magisches Wissen vermittelt. Bei diesen Orgien sollen auch die Jugendlichen der Seeufer sowie die Inselmönche nicht gefehlt haben. Für den Pfarrer und Sprachforscher Emanuel Friedli («Twann» 1922) waren die vermeintlichen Hexen entweder «fröhlich tanzende Elfen» oder «traurige Opfer jener Justiz, die gerade im Seeland die meisten ihrer Scheiterhaufen errichtet hat».

Teufelshochzeit (1568) – aus der Sammlung Wickiana von Johann Jakob Wick

SCHIFFFAHRT BIELERSEE

Die Insel war lange nur mit Schiffen von Privaten erreichbar. Vereinzelte Dampfschiffe fuhren ab 1826 auf dem See. 1887 wurde eine Dampfschiffgesellschaft gegründet, die den Verkehr zwischen Biel, Erlach und La Neuveville aufnahm und mit ihren anfänglich nur zwei Kursschiffen auch regelmässig die St. Petersinsel ansteuerte. 2022 verfügte die Bielersee-Schifffahrts-Gesellschaft BSG über neun Schiffe und beförderte mit 37 Festangestellten und 7 Saisonmitarbeitenden 330 000 Passagiere. Zwischen Erlach, Lüscherz und der Insel verkehrt zusätzlich die ElfPersonen-Navette der Burgergemeinde Bern.

Dampfschiff vor La Neuveville – Aquarell von Gabriel Lory Sohn 1827 (Nationalbibliothek)

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Kleinspecht

Hallers „Alpen“